Google Book Settlement ohne die USA?

Im Fall Google Book Settlement tut sich wieder was: gleich drei Autorengruppen in den Vereingten Staaten setzen sich zur Wehr und legen morgen dem zuständigen Gericht eine Petition vor, die bereits veröffentlicht wurde. Gerade noch rechtzeitig, denn am 28. Januar läuft die Opt-Out-Frist für Autoren aus. Worum geht es genau?

Kurzer Rückblick: Schon länger läuft die Debatte rund um die Google Book Search (in Deutschland Google Buchsuche), eine Dienstleistung von Google mit dem Ziel, das in Büchern gespeicherte Wissen der Welt durch Digitalisierung für die Volltextsuche verfügbar zu machen. Aus kultureller Sicht natürlich prinzipiell wünschenswert, wenn das Internet zu einem wichtigen Zugangsportal zu Kultur und Bildung wird und Wissen zugänglich wird. Das jedoch ist nicht das Problem bei der Google Book Search.

Seit 2004 scannt Google überall auf der Welt Millionen von Büchern, um sie für die Suchmaschine und Werbedienste nutzbar zu machen. Dazu hat Google mit diversen Bibliotheken Verträge geschlossen, um an deren Bestände zu gelangen. Nach diesen Büchern kann man auf der Seite suchen und findet, je nach Buch, einen Ausschnitt, eine Vorschau oder den ganzen Text. Das besondere daran ist die mögliche Volltextsuche. Google selbst meint dazu: „Wir bei Google lieben Bücher und unser größter Wunsch ist es, dass sich Google Buchsuche zu einem Service entwickelt, der dazu beiträgt, den langfristigen Erfolg von Büchern und deren Autoren und Verlagen zu sichern.“ Bei all dem „Idealismus“ erwartet Google natürlich vor allem ein enormes Geschäft.

Man ist dieses Vorhaben jedoch einfach angegangen und hat dabei die Rechteinhaber und Urheber der Bücher schlichtweg übergangen. Denn Google scannt die Bücher ungefragt ein. Und so kam es zu einer Sammelklage durch Verlage und Autoren, die das Urheberrecht durch die Google Book Search verletzt sahen. Google reagierte und arbeitete das Google Book Settlement aus. Es handelt sich dabei um einen Vergleichsvorschlag von Google zur Regelung der Google Book Search in Sachen Urheber- und Nutzungsrechte. Dieser liegt derzeit in der zweiten, vorläufig genehmigten Version vor (vgl. auch das Börsenblatt zu den Kernpunkten des zweiten Entwurfs) und wird von Google auf der eigenen Website als „bahnbrechende Vereinbarung“ deklariert. Vielleicht zu früh.

Das zweite Settlement betrifft „nur“ noch Bücher, die entweder im U.S. Copyright Register in Washington registriert wurden und deshalb als „United States Copyright Works“ gelten oder in Kanada, Australien oder im United Kingdom verlegt wurden. Zwar fallen da auch deutsche Bücher darunter (bis 1978 konnte nach dem US-amerikanischen Urheberrecht der Urheberrechtschutz nur dann erlangt werden, wenn man sein Werk im U.S. Copyright Register registrieren ließ), doch prinzipiell betrifft es uns hierzulande zunächst weniger. Ob man also mit Google kooperieren will, bleibt prinzipiell jedem selbst überlassen. Jedoch muss ein Rechteinhaber, sofern sein Werk unter das Google Book Settlement fällt, sein Recht und seine Ansprüche geltend machen. Sprich: er muss aktiv widerrufen, um nicht automatisch in das Settlement zu fallen. Das ist die Opt-Out-Lösung, deren Frist am 28. Januar abläuft.

Genau dagegen richtet sich die Petition, die etwas an den Heidelberger Appell erinnert, und die von insgesamt 366 Autoren der National Writers Union, der American Society of Journalists and Authors, und den Science Fiction and Fantasy Writers of America unterzeichnet wurde. Darunter und allen voran die Autorin Ursula K. Le Guin. Das besondere daran: Le Guin war 37 Jahre lang Mitglied der Authors Guild (einer weiteren, sehr wichtigen Autorenvereinigung in den USA) und ist erst letzten Monat dort ausgetreten. Die Authors Guild hat (gemeinsam mit der Verleger-Vereinigung AAP) das Settlement mit Google ausgehandelt (schließlich waren es die Authors Guild und die AAP, die gegen Google geklagt hatten) und hat dabei als einzige Instanz die Interessen der Autoren vertreten. So sollte es zumindest sein. Die Unterzeichnenden des Petitionsschreiben fühlen sich von der Authors Guild nämlich nicht richtig vertreten.

Enstprechend äußert sich Le Guin im Brief an die Authors Guild zu ihrem Ausstieg:

„I am not going to rehearse any arguments pro and anti the ‚Google settlement.‘ You decided to deal with the devil, as it were, and have presented your arguments for doing so. I wish I could accept them. I can’t. There are principles involved, above all the whole concept of copyright; and these you have seen fit to abandon to a corporation, on their terms, without a struggle.“

Hauptkritikpunkt der Petition ist die ungefragte Digitalisierung, die nur durch Einspruch des Autors verhindern werden könne. Eine Rechtsverletzung, die letztlich das Urheberrecht bedeutungslos macht. Deshalb fordern die Unterzeichnenden, dass auch die USA – wie Deutschland oder Frankreich – vom Settlement ausgenommen werden sollen. Das wäre natürlich ein Knaller! Man stelle sich vor: es gibt Google Book Search und keiner macht mit. Was wäre das Ganze noch wert, wenn die USA nicht mehr darunter fallen würden? Im Februar soll es zur Anhörung der Einwände kommen. Ob diese Petition eine realistische Chance hat? Oder ist alles nur viel Lärm um Nichts? Es gibt ja auch Befürworter, wie den Medienprofessor Jeff Jarvis, der die deutschen Verlage kritisiert und auch von der Petition vermutlich nicht viel halten wird. Doch rechtfertigen die Möglichkeiten des technischen Fortschritts eine Missachtung des Urheberrechts? Sollte man Letzteres gar lockern und den neuen Umständen anpassen? Und wie könnte eine solche Regelung aussehen? Man darf gespannt sein.

4 Kommentare zu „Google Book Settlement ohne die USA?“

  1. Im Rahmen der letztjährigen „Tage der deutschsprachigen Literatur“ strahlte 3sat eine Kulturzeit-Sondersendung zum Thema „Auftstand der Schreiber“ aus. Darin diskutierten Roland Reuß, der Initiator des „Heidelberger Appells“, Rüdiger Wischenbart, ein Kritiker traditioneller Verlagsstrategien, und Horst Lauinger vom Manesse-Verlag über Urheberrecht.
    Sicher, etwas lange her, aber dennoch sind die Kernaussagen aktuell und informativ.

  2. Franziska Schramm

    Das wäre natürlich spektakulär, wenn die Petition der 366 Autoren etwas bewirken würde und die USA vom Vergleich ausgenommen werden würden. Wenn ich es aber richtig verstanden habe, muss Google jedoch nur glaubhaft machen, dass es im Sinne des „fair use“ Wissen für die Allgemeinheit zugänglich macht, um sein Tun als im Einklang mit amerikanischem Recht zu deklarieren. Daher glaube ich nicht, dass die Petition große Chancen haben wird. Aber vielleicht ist Google dann gezwungen die „opt-out“-Klausel aus seinem Vergleichsvorschlag nehmen?

    Zum Thema „Urheberrecht und Digitalisierung“ empfehle ich das Dossier der Bundeszentrale für politische Bildung, insbesondere „Das Urheberrecht in fünf Bildern“: http://www.bpb.de/themen/158P14,0,0,Das_Urheberrecht_in_f%FCnf_Bildern.html

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