Lese lieber ungewöhnlich

Die Programme sind speziell, ihre Verleger oft auch. Kleine, unabhängige Verlage haben seit einigen Jahren längst mehr als nur einen Platz in der Nische, sie fallen durch mutige, nicht unbedingt marktgängige Literatur, liebevoll gestaltete Covers sowie ungewöhnliche Publikationsformen auf. Hörspiele, Schallplatten oder Scherenschnitte haben ebenso ihren Platz wie abgedrehte Graphic Novels oder hochphilosophische Essaybände.

Ihre Bücher sind allerdings nach wie vor eher selten neben den Titeln der großen Verlagshäuser auf den Präsentiertischen der Buchhandlungen zu finden, viele unter ihnen kämpfen Programm für Programm aufs Neue ums Fortbestehen. Aber schwierige Situationen erfordern kreative Ideen. So wurde im letzten Jahr etwa die „Hotlist“ ins Leben gerufen, die alternativ zum deutschen Buchpreis die besten Bücher der Saison aus unabhängigen Verlagen prämiert. Was die „Indies“ aber letztendlich so spannend macht, ist der Entdeckergeist, der Mut zu Ungewöhnlichem und nicht zuletzt die gute Portion Idealismus ihrer oftmals jungen Verleger.

Die geballte Kreativität der „Jungen Wilden“ konnte man vergangenen Samstag beim „Fest der kleinen Verlage am großen Wannsee“ im Literarischen Colloquium Berlin kennen lernen. Büchertische luden zum Stöbern und Entdecken, Lesungen zum Zuhören ein. Litaffin hat sich ein wenig bei den Verlegern umgehört: Wie ist die Stimmung? Was macht euch froh, mit welchen Schwierigkeiten habt ihr zu kämpfen? Und was haltet ihr von der Hotlist?

Jürgen Lagger, Luftschacht Verlag

»Wir sind mit dem Flugzeug aus Wien angereist. Die Bücher hatten wir nicht im Handgepäck, die kamen mit der Post. Wir sind gerne hier, da das Fest gut besucht ist und die Leute recht interessiert sind. Von der Stimmung her ist das klasse, wenn man direkt an die Leser herankommt. Das ist viel besser als auf großen Buchmessen. Der Kreis der Verlage ist immer ein ähnlicher, wobei die Besetzung dieses Jahr gewechselt hat. Es sind einige Verlage dabei, die ich noch nicht kannte.«

Sebastian Wolter, Voland & Quist

»Ich bin aus Leipzig angereist. Es macht auf jeden Fall Spaß hier zu sein, auch weil es immer wie ein schönes Familientreffen ist. Man trifft auf interessierte Leser, redet mit den Kollegen, tauscht sich aus. Im März haben wir den Förderpreis der Kurt Wolff Stiftung bekommen, das hat uns sehr gefreut. Die 5.000 Euro werden wir investieren: zum Teil in den Relaunch der Homepage, zum Teil in Verlagssoftware, wir wollen damit unseren Verlag für die Zukunft fit machen. Und es bleibt spannend: Diesen Herbst gibt es zum ersten Mal ein Kinderbuch in unserem Programm: „Der Reggaehase BOOOO“ erscheint am 16. August.«

Daniela Seel, kookbooks

»Unser Grafiker Andreas Töpfer sitzt im Prenzlauer Berg, ich mittlerweile in Charlottenburg. 2008 haben wir acht Titel gemacht, das war aber zu viel – vom Arbeitsaufwand her, aber auch finanziell, 2009 dann nur drei, 2010 kommen fünf. Der Verlag trägt sich noch nicht selbst, daher schaffe ich noch mit verschiedenen Jobs Geld heran. Einer unserer Schwerpunkte ist die Lyrik, vieles davon ist ein bisschen sperrig, das ist im Buchhandel nur schwer unterzubringen. Da muss man einen langen Atem haben. Im letzten Jahr hatten wir die Aktion „Kunst braucht Mäzene“, um auf die Schwierigkeiten der Indies aufmerksam zu machen. Wir haben Fotos, Zeichnungen und Autografen von befreundeten Künstlern versteigert. Das hat sehr viel Presseaufmerksamkeit und deutlichen Umsatz gebracht. Die Hotlist 2009 hat auch mehr Interesse erzeugt, als wir gedacht hätten. Das wird sich dieses Jahr sicherlich noch steigern, da auch das Verfahren zur Auswahl des Preisträgers geändert wurde, um die Sache seriöser zu machen.«

Peter Reichenbach, mairisch

»Wir haben den Debütroman von Donata Rigg für die Hotlist 2010 vorgeschlagen – ein wirklich großartiger Text, wie wir finden. Da wir neben diesem Roman im Herbst ansonsten eine Vinyl-LP und eine CD herausbringen, die wir eh nicht für die Hotlist vorschlagen konnten, war die Entscheidung für „Weiße Sonntage“ umso eindeutiger. Die Idee der Hotlist ist ja, einen Alternativpreis zum Buchpreis zu verleihen. Die Erfahrung zeigt, dass beim Buchpreis fast immer die gleichen Verlage gewinnen. Vielleicht zurecht, das sind mit Sicherheit gute Bücher, aber trotzdem hat man den Eindruck, dass viele kleinere Verlage nicht wahrgenommen werden. Auf der Frankfurter Buchmesse im letzten Jahr haben wir gemerkt, dass wir tatsächlich Aufmerksamkeit bekommen, wenn wir auf der Shortlist der unabhängigen Verlage stehen. Wir hatten Buttons und Lesezeichen als Hingucker. Die Mayersche Buchhandlung stiftete das Preisgeld, es gab diverse Medienpartner, Denis Scheck moderierte die Preisverleihung… Und klar, da hoffen wir schon, dass wir wieder auf die Shortlist kommen!«

Peter Reichenbach, mairisch

»Wir haben den Debütroman von Donata Rigg für die Hotlist 2010 vorgeschlagen – ein wirklich großartiger Text, wie wir finden. Da wir neben diesem Roman im Herbst ansonsten eine Vinyl-LP und eine CD herausbringen, die wir eh nicht für die Hotlist vorschlagen konnten, war die Entscheidung für „Weiße Sonntage“ umso eindeutiger. Die Idee der Hotlist ist ja, einen Alternativpreis zum Buchpreis zu verleihen. Die Erfahrung zeigt, dass beim Buchpreis fast immer die gleichen Verlage gewinnen. Vielleicht zurecht, das sind mit Sicherheit gute Bücher, aber trotzdem hat man den Eindruck, dass viele kleinere Verlage nicht wahrgenommen werden. Auf der Frankfurter Buchmesse im letzten Jahr haben wir gemerkt, dass wir tatsächlich Aufmerksamkeit bekommen, wenn wir auf der Shortlist der unabhängigen Verlage stehen. Wir hatten Buttons und Lesezeichen als Hingucker. Die Mayersche Buchhandlung stiftete das Preisgeld, es gab diverse Medienpartner, Denis Scheck moderierte die Preisverleihung… Und klar, da hoffen wir schon, dass wir wieder auf die Shortlist kommen!«

Ein Bericht von Nora Boeckl und Franziska Schramm

1 Kommentar zu „Lese lieber ungewöhnlich“

  1. Sympathische Menschen, wichtige Verlage, schöne Bücher… aber trotz deren ehrenwerter Arbeit: Lesungen und Büchertische, enorm viele, ähem, ältere Menschen… Ich glaube, das ginge alles auch aufregender, innovativer. Sonst bleibt man eben unter sich.
    Und das Essen (Kuchen und Würstchen) hieß Grass und Walser.

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