Nicht nur was für Krimi-Fans: Die Hammett-Krimibuchhandlung in Kreuzberg

In unserer neuen Reihe stellen wir Buchhandlungen vor, die es uns wert erscheinen, dass jeder sie kennt, denen wir mehr Besucher wünschen oder die einfach besonders bzw. besonders nett sind. Den Anfang macht die Krimibuchhandlung Hammett in der Friesenstraße in Kreuzberg.

Das gelbschwarze Logo fällt mir schon von weitem ins Auge, die dicken Lettern „Hammett“ leuchten mir entgehen. Vor dem liebevoll und etwas altmodisch-herbstlich dekorierten Schaufenster mit dem großen Leuchtrevolver stehend, mache ich mir von draußen eine ersten Überblick über die neuesten Krimi-Erscheinungen. Ich bin auf der Suche nach einem Geschenk für einen begeisterten Krimileser und hoffe hier – in einer von insgesamt drei Krimibuchhandlungen in Berlin – fündig zu werden.

Hammett entpuppt sich als eine freundliche und persönliche Literaturoase, die zum Stöbern und Schmökern einlädt. Auf etwa 20 Quadratmetern stehen Schautische und schwarze Regale, die von oben bis unten mit – natürlich – Krimis gefüllt sind: Neben den Klassikern und Evergreens gibt es Berlin-Krimis, Historische Krimis, Krimis für Kinder und Jugendliche, wahre Kriminalgeschichten (dem Kenner besser bekannt als „true crime“) und sogar Sekundärliteratur zum Thema. Über einem Durchgang lädt ein Schild mit der Aufschrift „Kopf einziehen lohnt sich, denn hier geht’s zum Antiquariat“ auch größere Menschen in den Nebenraum ein. Hier können ca. 5000 gebrauchte Krimis für wenig Geld erstanden werden, ab dem fünften gibt’s sogar noch einen Mengenrabatt.

Experten-Tipps vom Chef

Hinter der Verkaufstheke treffe ich Ladenhund Polly und den Inhaber persönlich: Christian Koch, gelernter Handwerker, heute Buchhändler und Krimi-Experte. Ihm gehört die Buchhandlung, die es seit fünfzehn Jahren gibt, mittlerweile seit elf Jahren. Durchschnittlich drei Bücher, fast ausschließlich Werke aus seinem Laden, schafft Schnell-Leser Koch pro Woche. Schließlich möchte er seine Kunden gut beraten können. Was ihm besonders gut gefällt, baut er auf einem Tisch mit persönlichen Buch-Empfehlungen auf. „Meine aktuelle Nummer Eins ist momentan Kahlschlag von Joe. R. Lansdale“, erzählt der sympathische Jeans- und Turnschuhträger.

Inzwischen, so verrät mir der 47-Jährige mit schwarzer Hornbrille, wird er als Experte sogar von Verlegern und Vertretern um Rat gefragt, etwa wenn die Neuauflage eines bestimmten Krimis zur Debatte steht. Neben der Krimiwelt BestenListe, die Koch vor seinem Laden im Schaukasten aufhängt, erstellt er auch monatlich seine eigene TopTen-Bestsellerliste, die sich aus den im Vormonat am meisten verkauften Büchern zusammensetzt. Im November wird sie angeführt von Don Winslows Tage der Toten.

Auf das Buch kommt’s an

Hörbücher und Non-Book-Schnickschnack, der sonst zunehmend häufig in Buchhandlungen angeboten wird, sucht man in der Krimibuchhandlung vergebens. Bis auf den Krimikalender 2011 und die von seinen Kunden heiß geliebte Pasta Criminale – schwarze Nudeln in Form von Revolvern – verkauft Koch ausschließlich Bücher. Sein Metier ist ganz klar die Kriminalliteratur – auf Wunsch bestellt er jedoch selbstverständlich jedes beliebige Buch. Einige Kunden kommen ausschließlich, um sich bei ihm Fachliteratur zu bestellen, von Juristen-Handbüchern über Schulbücher bis Madame Bovary in Originalsprache ist alles dabei. „Die Buchhandlung ist im Kiez bekannt und wird gut besucht“, berichtet Koch, daher ist glücklicherweise – noch – keine Bedrohung von der Konkurrenz zu spüren.

Christian Koch und Ladenhund PollyAuch im Netz kümmern sich Koch und sein Kollege Heinz Scheffelmeier sehr persönlich und lesenswert um ihre Kunden: Auf ihrer Homepage informieren sie über Neuerscheinungen, Autoren und Lesungen, und verfassen selbst Buchrezensionen. Scheffelmeier veröffentlicht zudem das Krimi-Quiz Um die Ecke gebracht. Die ersten Lösungsversuche von begeisterten Rätsel-Fans treffen bereits drei Stunden nach Upload der neuesten Quiz-Ausgabe ein, Hund Polly spielt die Glücksfee und ermittelt aus allen richtigen Antworten mit verbundenen Augen die Gewinner.

Namensgeber der Buchhandlung ist übrigens Samuel Dashiell Hammett, Begründer des amerikanischen Kriminalromans, als dessen bekanntestes Werk Der Malteser Falke gilt. Anlässlich seines sich zum 50. Mal jährenden Todestages wird es am 10. Januar 2011 eine Lesung der besonderen Art geben: Im Eiszeit-Kino in Kreuzberg wird ein Film über Hammett gezeigt; anschließend liest der Journalist, Satiriker und Hammett-Fan Wiglaf Droste aus dessen Werk.

Auch wenn man kein expliziter Krimi-Fan ist, lohnt sich der Besuch im Hammett, da diese kleine persönliche Buchhandlung einen schönen Gegenpol zu der zunehmend von großen Filialen dominierten Bücherwelt darstellt. Hier kann man, weit abseits von Sachbuchwahn und Bestsellerlisten, in Ruhe suchen, entdecken und lesen. Ich jedenfalls habe Hammett mit einem glücklichen Grinsen und dem passenden Geschenk verlassen.

5 Kommentare zu „Nicht nur was für Krimi-Fans: Die Hammett-Krimibuchhandlung in Kreuzberg“

  1. Schöne Beschreibung meiner absoluten Lieblinsgbücherei for all times. Christian ist einmalig: Er merkt sich dein Gesicht, was du bestellst und kann dir, aber nur wenn du’s wünscht, Bücher ganz nach Interesse empfehlen.
    Unbedingt hingehen!

  2. Markus Streichardt

    Mmmmh, vielleicht werde ich der Buchhandlung mal einen Besuch abstatten. Die wenigen Krimis, die ich bisher gelesen habe, haben mich nicht gerade beeindruckt. Vielleicht waren es auch nur die falschen…

  3. Das ist ein toller Tipp!
    Da mal wieder ein Bummel durch die Bermannstraße fällig ist, liegt die Friesenstraße ja gleich um die Ecke. Denn auch diese Mimi geht ohne Krimi fast nie ins Bett und schläft besser, wenn sie einen Vorrat auf dem Nachttisch hat.

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