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Reden wir mal über Geld: Auch in der Buchbranche verdienen Frauen weniger als Männer

MünzenWer glaubt, mit der Gleichberechtigung in Deutschland sei schon alles okay, muss bei diesen Zahlen kräftig schlucken: Frauen in der Bundesrepublik verdienen im Schnitt 23% weniger als Männer. Das bedeutet konkret: 2009 lag ihr Bruttostundenverdienst bei 14,90 Euro, der der männlichen Beschäftigten bei 19,40 Euro. Die Buchbranche trägt zu dieser traurigen Statistik das ihrige bei.

Einen Anhaltspunkt dafür, wie es um die Arbeitssituation in der Buchbranche bestellt ist, gibt die Studie „MehrWert“, die im Auftrag des Vereins Bücherfrauen e.V. durchgeführt wurde. Mehr als 1.200 angestellte und freiberufliche Beschäftigte aus Verlagswesen, Zwischen- und Sortimentsbuchhandel haben sich an der Onlineumfrage beteiligt und Auskunft über Ausbildung, Arbeitsbedingungen und Gehalt gegeben. Das ernüchternde Ergebnis: Frauen verdienen bis zu 25% weniger als ihre männlichen Kollegen. Hier einige Details aus der Studie:

  • Familie: Kinder werden bekanntlich als Karrierehemmnis Nummer Eins betrachtet. Frauen müssen während der Schwangerschaft pausieren und arbeiten danach oft in Teilzeit. Wirklich erstaunlich ist jedoch, dass 70 % der Befragten kinderlos sind. Das heißt, die Gehaltsunterschiede lassen sich nur bedingt mit dem Argument „Familie“ erklären. Bei denjenigen Befragten, die jedoch Kinder haben, zeigt sich ein bekannter statistischer Effekt: Bei Frauen wirkt sich Elternschaft negativ auf Gehalt und Einkommen aus – bei Männern dagegen positiv.
  • Position: Frauen sind auch in der Buchbranche seltener in leitenden Funktionen. 46% der befragten Männer bekleiden eine Position in der Unternehmensleitung oder eine Führungsposition auf mittlerer Ebene – unter den befragten Frauen sind es nur 24%. Doch auch diese Frauen verdienen deutlich weniger als ihr männlichen Kollegen.
  • Bildungsabschluss: Bei Männern hat ein formal höherer Bildungsgrad auch einen positiven Effekt auf das Bruttogehalt (je höher der Abschluss, desto höher das Gehalt) – bei Frauen zeigt sich keinerlei statistischer Zusammenhang (höherer Abschluss bedeutet nicht auch mehr Gehalt). Ihr Durchschnittseinkommen liegt zudem immer unterhalb dem der Männer, egal, ob sie eine Ausbildung, ein Studium, oder eine Ausbildung plus Studium vorweisen können. Besonders bitter: Das durchschnittliche Bruttoeinkommen promovierter Männer ist mehr als doppelt so hoch wie das der weiblichen Befragten mit Promotion.
  • Selbständigkeit: Bei Freiberuflern sind die Gehaltsunterschied besonders drastisch. 22% der befragten Frauen und 15 % der Männer gaben an, selbständig oder auf Basis freier Mitarbeit tätig zu sein. Das Durchschnittseinkommen der Männer liegt bei etwa 4.000 Euro, das der Frauen bei etwa 3.000 Euro.
  • Alter: Eine längere Verdienstzeit bedeutet in der Regel auch mehr Gehalt. Die Ergebnisse der Studie deuten jedoch darauf hin, dass dies nur für Männer gilt: Bei Frauen steigt das Gehalt nach dem 40. Lebensjahr kaum noch an, bei Männern dagegen schon. Ein Grund hierfür könnte sein, dass Männer erfolgreicher als Frauen um Position und Gehalt verhandeln, wobei die befragten Frauen in der Studie rein zahlenmäßig in etwa genau so oft Verhandlungen führen wie Männer.

All diese Zahlen machen mich als Frau und Studentin mit Berufsziel Verlagswesen ganz schön wütend. Und auch ein bisschen ratlos. Denn was ist nun eigentlich das Problem? Werden Frauen aufgrund ihres Geschlechts in der Buchbranche benachteiligt? Traut man ihnen weniger zu als ihren männlichen Kollegen, nimmt man ihre Arbeit weniger ernst? Oder haben Frauen einfach weniger Interesse an Karriere und einflussreichen Positionen, sind ihnen einfach andere Dinge im Leben wichtiger? Empfinden sie vielleicht sogar ihr Gehalt als angemessen – obwohl die statistischen Zahlen dagegen sprechen?

Geld ist sicherlich nicht alles. Aber eine gerechte Bezahlung dessen, was man kann und leistet, das sollte selbstverständlich sein. Vielleicht wird es ja Zeit den guten alten Feminismus wieder aus der Schublade holen. Wir könnten ihn ein wenig entstauben, ein bisschen enthärten und entgiften, und dann sollten wir (und zwar Frauen und Männer) mal sehen was sich da machen lässt. Reden wir über Quoten, über Teilzeitmodelle, über Förderprogramme. Oder noch viel einfacher: Reden wir einfach mal über Geld. Das gehört sich zwar nicht in der Buchbranche mit ihrem viel beschworenen Idealismus –  aber gerade um den geht es hier doch, oder?

Die Ergebnisse der Studie sind gut erklärt und anschaulich aufbereitet nachzulesen in: „MehrWert. Arbeiten in der Buchbranche heute.“ (Hrsg. von BücherFrauen e.V. Ulrike Helmer Verlag 2010. 17,95 €) Beigefügt haben die Verfasserinnen einen Abriss über die Geschichte der Frauen in der Buchbranche sowie Informationen zu Berufsfeldern, die in der Studie keine Berücksichtigung fanden, z.B. AgentInnen, ÜbersetzerInnen, AutorInnen und IllustratorInnen.

 

Foto: Franziska Schramm

12 Kommentare zu „Reden wir mal über Geld: Auch in der Buchbranche verdienen Frauen weniger als Männer“

  1. Und das stimmt ja auch -- wie meine müden Augen jetzt sehen: Foto und Text, wenn ich es richtig lese von Franziska Schramm!
    Genau das wird der notwendige nächste Schritt sein: Reden über Quoten, Teilzeitmodelle, Förderprogramme, Geld. Gerne halte ich bei zur Verfügung Stellung einer e-mail Adresse Interessierte auf dem laufenden vom Fortgang in diesem Prozess bei den BFs.
    Frau kann da übrigens auch eintreten: http://www.buecherfrauen.de ;-)

  2. Franziska Schramm

    Ja, der Text ist von mir, also alles in bester Ordnung :-)

    Besonders krass finde ich es ja, dass Studien darauf hinweisen, dass Frauen ein geringeres Einkommen als okay empfinden -- zumindest gaben sie in Befragungen als „gerechtes Einkommen“ deutlich niedriger Gehälter an, als Männer sie verdienen. http://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/newsDetails?newsID=1278488028.46

    Vielleicht könnten ja Daten aus der Studie auf der Website der Bücherfrauen veröffentlicht werden, z.B. ermittelte Durchschnittsgehälter nach Berufsgruppen. Nur wer Vergleichswerte zu seinem eigenen Gehalt hat, kann mehr fordern, oder?

    1. Liebe Franziska,

      das was du in deinem letzten Kommentar geschrieben hast, ist die Ursache dieser Situation: Die Frauen selbst haben leider vom Feminismus zurückgetreten, warum steckt er denn in der Schublade? Heutzutage klingt er vielleicht sogar banal, aber mit dessen Herausforderungen sollten doch die Frauen weitermachen. Oder wird es bis auf ewig dauern, bis diese gewünschte Gerechtigkeit kommt?

    2. Liegt es vielleicht daran, dass Männer bereits während des meist von Frauen dominierten Germanistik-Studiums lernen sich gegen ihre weiblichen Kommilitonen durchzusetzen und daher auch nach ihrem Abschluss schneller die Karriereleiter empor klettern? Wohl kaum. Und mal ganz im Ernst: die Ergebnisse der Studie sind doch erschütternd. Wie kann es sein, dass es so viele sehr gut ausgebildete Frauen gibt, die den Männern den Vortritt in die Chefetage überlassen und sich selber mit weniger zufrieden geben? Ich finde es wichtig, dass auf diese Missverhältnisse aufmerksam gemacht und darüber gesprochen wird. Nur so können auch Taten folgen. Danke, Franziska!

  3. Wie oben schon richtig bemerkt -- meiner Erfahrung nach geben sich Frauen einfach mit weniger (zu wenig?) zufrieden. Gehaltsverhandlungen werden doch gerade von Frauen nur mit Bauchschmerzen betrieben, kenne da viele persönliche Beispiele. Da ist Frau dann schon froh, wenigstens eine kleine Erhöhung herausgehandelt zu haben. Männer sehen das im allgemeinen sportlicher, als echte Herausforderung, die auch die „Hackordnung“ im Büro mitbestimmt. Wer da zu schnell zufrieden ist, steht nachher weiter unten.

    Gleiches gilt für die Führungspositionen: Statistisch wird immer wieder nachgewiesen (habe die Quelle leider gerade nicht zur Hand), dass Frauen sich der Notwendigkeit von aktivem Networking (also vor allem gemeinsame Freizeitgestaltung mit „Entscheidern“, wie Sport, Kneipe etc.) viel zu wenig bewusst sind.

    Zur Aufmunterung aber folgendes: Laut Tagesspiegel vom 31.10.2010 gibt es in den USA nun erstmals mehr weibliche Arbeitnehmer als männliche -- und auch mehr weibliche Führungskräfte. Bei den Studienabschlüssen liegen Frauen schon lange vorn. Von daher glaube ich, das individueller Mut vielversprechender ist, als ein neu aufgewärmter Feminismus.

  4. Als ich den Artikel las, habe ich mir ausgedacht, die Frauen sollten sich schärfer durchsetzen… aber „Frauen“ zu sagen, ist es schon nicht eindeutig, und jede hat ihre eigene Feststellungen, Bedürfnisse, Wünsche, Erwartungen… Erstaunlich ist, dass es immer noch so große Einkommensunterschiede zwischen Männer und Frauen gibt. Das Bild einer widersprüchlichen aber interessanten Frau ist mir eingefallen: Maria Braun, die Hauptfigur in „Die Ehe der Maria Braun“, von Fassbinder. Allein und unabhängig muss sie das Leben wieder organisieren, das Ende ist aber tragisch, denn man sich im Laufe der Zeit auch ändern…
    Also, danke Franziska, es ist schön, wenn man über diese Situation auf dem Arbeitsmarkt nachdenken kann, und so wichtige Information müssen ja vermittelt werden!

  5. Statistiken gegenüber sollte man skeptisch sein (damit will ich nicht sagen, dass sie falsch sind, sondern dass man mit solchen Zahlen und Diskussionen über Zahlen praktisch nichts anfangen oder gar ändern kann). Am Ende bleibt der Status quo und man erwartet die nächsten Prozentzahlen, die entweder enttäuschen oder eine positive Entwicklung verzeichnen, die jedoch selten wirklich überzeugt. Vielleicht wissen viele Frauen einfach nicht richtig (ich wäre da bestimmt eine von ihnen), wie man mit Vorgesetzten in solchen Sachen verhandeln kann/soll?
    Im Boersenblatt gibt es so ein Beispiel und einige Tipps einer Karriere-Expertin, was zu beachten ist; jede/ jeden von uns wird das ja früher oder später betreffen:

    http://www.boersenblatt.net/375997/template/bb_tpl_gehalt/

  6. Im Rahmen der BücherFrauen Jahresversammlung, die am kommenden Wochenende in München stattfindet, gibt es eine weitere, öffentliche, Diskussion zum Thema „MehrWert.Frauen in der Buchbranche“. Auf dem Podium sitzen: Sabine Dörrich, Inhaberin der „Personalagentur für Verlage Sabine Dörrich“, Heike Faller, Redakteurin Zeitmagazin, Autorin des Buches „Wie ich einmal versuchte, reich zu werden.“, Katharina Scholz, Nachwuchssprecherin und Mitglied im Ausschuss für Berufsbildung im Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Helga Sick, unabhängige Finanzberaterin, Buchautorin, Brigitte Kolumnistin und Inhaberin der Firma „frau & geld“ ; Moderation Angelika Knop, Journalistin und Gesellschafterin der Partnerschaft fit for crossmedia, Sprecherin des Journalistinnenbundes München.
    Am Sonntag, den 7.11. 11.00Uhr -- 13.00 Uhr im Schloss Fürstenried, Forst Kasten Allee 103, 81475 München
    http://www.spz-schlossfuerstenried.de

  7. Ich finde, alle Menschen sollten bei gleicher Arbeit gleich viel verdienen. Leider entspricht das nicht der Realität, wie man hier mal wieder liest, meist zu Ungunsten von Frauen.

    Allerdings vermute ich, dass Männer eben genau einen Grund mehr haben, engagierter um ihre Karriere und höhere Gehälter (samt Statussymbolen) zu kämpfen, und zwar um Frauen zu beeindrucken. Das klingt vielleicht merkwürdig, aber diese starke Motivation ist nicht zu unterschätzen und funktioniert umgekehrt nicht. Dazu ein Zitat „Da sich Frauen in Deutschland bei der Partnerwahl tendenziell ’nach oben‘ orientieren oder zumindest einen Partner auf gleicher sozialer Höhe suchen, […]“ Das stammt aus „Not am Mann“, S.7. Die Studie zeigt die negativen Folgen für Männer, die es nicht schaffen und wenn außerdem in der Gegend Männerüberschuss herrscht: http://www.berlin-institut.org/fileadmin/user_upload/Studien/Not_am_Mann_Webversion.pdf

    In den USA ist man übrigens zu ähnlichen Erkenntnissen gelangt: http://www.jobware.de/Magazin/Erfolgreiche-Maenner-sind-in-festen-Haenden.html

    An eines muss man bei solchen Studien natürlich immer denken, es handelt sich um prozentuelle Anteile und Durchschnittswerte. Das kann im Einzelfall dann ganz, ganz anders aussehen. Und es gibt sie schließlich, die Frauen in Spitzenpositionen, nur eben nicht so viele.

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