So geht das! Angela Leinen erklärt Wie man den Bachmannpreis gewinnt

die offizielle Jury Die offizielle Jury

Pluspunkte erhält der Autor beim Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt, wenn er Nagetiere, Raumfahrt, Leistungssport oder Stoffservietten in seinem Text vorkommen lässt. Minuspunkte gibt es für Markennamen, Clowns, Hunde, die in der Ferne bellen und eine Waffe, die knapp außerhalb der Reichweite liegt. Das sind allerdings nicht die Kriterien der offiziellen, dieses Jahr unter anderem aus Meike Feßmann, Hubert Winkels und Burkhard Spinnen bestehenden Jury, vielmehr handelt es sich um einen kleinen Auszug der Kriterien für einen alternativen Preis. Die Autoren des Blogs Riesenmaschine vergeben dieses Jahr zum dritten Mal den Automatische Literaturkritikpreis der Riesenmaschine.
Angela Leinen schrieb bei dessen Kriterienliste mit und beschäftigt sich darüber hinaus seit Jahren mit den Texten und Jurydiskussionen des Bachmannwettbewerbs. In ihrem neuen Buch Wie man den Bachmannpreis gewinnt nennt Leinen natürlich keinen todsicheren Weg zum Literaturpreis, sondern filtert vielmehr gängige Mittel und Klischees aus den vergangen Texten heraus und wägt diese ab. So resümiert sie über das Schreiben zum Thema DDR: Der Reiz sei hier, dass das Leben unter politischer Unterdrückung eines der großen Themen ist, aber das Risiko „für Westautoren: Protektionismus. Für Ostautoren: Ostalgie“.
Sie überlegt, wie gute Figurennamen geschaffen sein sollten, empfiehlt populärwissenschaftliche Themen (siehe den Erfolg Daniel Kehlmanns mit Die Vermessung der Welt, da geht noch was…) und zeigt auf, dass gute literarische Figuren glaubhafte Schwächen haben.
Ein guter Text wirft Fragen auf, der Autor sollte mehr über seine Figuren wissen, als er dann auch wirklich aufschreibt, und große Themen (Krieg, Tod, Liebe etc.) sind gute Themen. Es scheint, als hätte Leinen ein weiteres Buch in der breiten Sparte Kreatives Schreiben und Autorenratgeber platziert. Doch obgleich viele der Tipps universell sind, liest sich Wie man den Bachmannpreis gewinnt vor allem amüsant. Das machen so interessante Beobachtungen aus, wie: In den Jahren 2008 und 2009 gab es keinen einzigen unter den 28 Texten, mit einem Dialog zwischen Frauen, der nicht einen Mann zum Thema hatte. Oder, der Hinweis, dass zwar ein Viertel aller Bachmannpreise mit Geschichten mit explizitem DDR-Bezug gewonnen wurden, dem aber gegenüber steht, dass „bei acht Wettbewerben in Folge (von 1979 bis 1986) kein Autor aus der DDR anreisen durfte“.
Die Autorin zeigt selbst auch keine Scheu, sich von Klischees und deren Überbewertung wieder zu verabschieden. Dass das coole, literarische Leben in Berlin tobe, ist ein Mythos: 2007 spielte nur einer der Wettbewerbstexte und in den beiden Folgejahren kein einziger in der Hauptstadt.
So richtig messbar wird Literatur demnach wohl nie sein, nimmt Autorin Kathrin Passig daher schon im Vorwort vorweg. Es ist eigentlich irrwitzig, Literatur im Wettbewerb zu sehen, da Literatur nicht vermessen werden kann. Ganz abwegig erscheint es dann aber doch nicht. Passig gewann 2006 den Bachmannpreis, den offiziellen, und behauptete im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, ihren Text bewusst für Klagenfurt geschrieben zu haben: „Aus meinen Beobachtungen im Vorjahr habe ich geschlossen, es soll auf jeden Fall kein komischer Text sein, es soll nicht um Beziehungsprobleme gehen und er soll keine schlechten Dialoge enthalten.“ Das sind doch schon mal einige Kriterien.
In Klagenfurt sind die 34. Tage der deutschsprachigen Literatur im vollen Gange. Um den Bachmannpreis lesen 14 Autoren um die Wette. Dieses Jahr sind unter anderem Verena Roßbacher, Max Scharnigg und Aleks Scholz dabei.

Angela Leinen: Wie man den Bachmannpreis gewinnt. Gebrauchsanweisung zum Lesen und Schreiben. Heyne 2010

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