Twitteratur: the name says it all

Twitteratur, das heißt “Weltliteratur in 140 Zeichen”. Das Geschenkbuch hält Schritt mit der immer wachsenden Tendenz, bekannte Romane, Stücke und Erzählungen mit Blick auf die aktuellsten Trends neu zu rekonstruieren.

Von Alexander Aciman und Emmett Rensin, zwei Studenten  der University of Chicago, konzipiert, lässt „Twitteratur“ sich  schnell lesen und umfasst circa 71 Werke in knapp 200 Seiten. Jeder Text wird von einem fiktiven Twitterer aus der Sicht einer der Figuren aus dem originalen Buch umgeschrieben. Es sind sowohl Kafka, Shakespeare und Homer als auch Stephenie Meyer und J.K. Rowling dabei. Frankenstein, zum Beispiel, wird von @Frank-N-Furter getwittert: “Es lebt! Ich hau ihm wohl besser ein paarmal den Feuerlöscher über die Rübe”.

Da dieses Buch, erschienen bei Sanssouci, aus dem Englischen übersetzt wurde, stolpert der Leser manchmal über Internet-Kürzel wie “STFU” und “BAMF” sowie Slang wie “Bromance”. Für den Chat-unerfahrenen Leser gibt es aber zum Glück ein Glossar am Ende des Buches, in dem all diese Begriffe auf Deutsch erklärt werden. Die Tweets sind übrigens sehr umgangsprachlich — Schimpfwörter tanzen glücklich auf den Seiten und man muss schon kichern, wenn eine Figur wie Macbeth schimpffreudig über ihr Unglück twittert.

Doch gelingt diese Strategie nicht immer. Stephenie Meyers Twilight zum Beispiel wird von der Erzählerin Bella getwittert. Aber Twitter-Bella scheint komischerweise lebendiger und sogar etwas interessanter als Buch-Bella zu sein, was ich nicht so ganz lustig finde — die Geschichte kommt mir noch unausstehlicher vor. Außerdem finde ich das Konzept, Klassiker für ein zeitgenössisches, trendbewusstes Publikum umzuschreiben, nicht sehr kreativ.  Man muss nur bedenken, dass Mashup-Bücher (Vermanschungen) wie Pride and Prejudice und Zombies in jüngster Zeit sehr erfolgreich waren und mehrere Nachahmer hervorbrachten. Ich frage mich, was passieren wird, wenn Twitter irgendwann passé wird und ein neues Web-Phänomen auftritt. Werden wir dann einfach einer neuen Welle von Büchern begegnen, die letztlich das Gleiche wie Twitteratur anbieten? Ich fände es interessanter, wenn Autoren, anstatt alte Inhalte nur umzuschreiben, neue Geschichten schaffen würden, die von vornherein auf die neue Kommunikationsarten abgestimmt sind.

Es gibt übrigens eine Twitteratur-Webseite, die kürzlich einen Wettbewerb ausgeschrieben hatte, bei dem man sein Lieblingsbuch in maximal 15 Tweets twittern sollte. Der Wettbewerb ist leider schon vorbei, aber die Gewinner kann man sich hier anschauen!

 

1 Kommentar zu „Twitteratur: the name says it all“

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen