Der Name ist Programm: Verlag für Kurzes

Vor einem halben Jahr gründete Marion Wagner den Verlag für Kurzes. Am 6. März 2012 erzählte sie im Literaturhaus Lettrétage von der Entstehung des Verlages. Zudem lasen die Autoren Ines Gerstmann, Carsten Benecke, Ingrid Kaech und Harry Wagner aus ihren Büchern. Litaffin war dabei.

„Ich möchte kurzen Geschichten und Erzählungen einen Raum geben“. Mit diesen Worten eröffnete Verlagsgründerin Marion Wagner den Abend und berichtete weiter, dass „der Name Programm ist.“ Die Buchbranche ist ihr nicht fremd, denn neben ihrer Tätigkeit als Verlegerin arbeitet sie auch weiterhin beim Marius Verlag, der auf astrologische Hörbücher spezialisiert ist. Die Idee zur Gründung des Verlags kam ihr, da sie selbst gern Kurzes schreibt und liest. Zudem gebe es generell eher wenige Verlage, die auf Kurzgeschichten ausgerichtet seien. „Ich habe schon viel kreuz und quer ausprobiert“, so die Verlegerin, „aber beim Verlag für Kurzes hatte ich zum ersten Mal das Gefühl: Das ist es.“

Die ersten Autoren waren schnell gefunden, da sie Ingrid Kaech und Harry Wagner und deren Werke bereits kannte, und unbedingt verlegen wollte. Als dritte Autorin folgte Ines Gerstmann, welche sie auf einer Lesung kennenlernte sowie wenig später Carsten Benecke, dessen Geschichte „Ein leeres Haus“ ihr empfohlen wurde. Die ersten vier Autoren für das Startprogramm waren somit gefunden. „Vier Bücher wie die vier Füße eines Tisches, die ihm Standfestigkeit verleihen“ antwortet die sympathische Verlegerin auf die Frage, warum ihr Startprogramm ausgerechnet aus vier Schriftstellern und Schriftstellerinnen besteht. Auch am grafischen Design der Buchcover sieht man, dass sich da jemand Gedanken gemacht hat. Denn jeder Titel besitzt neben dem schlichten weißen Hintergrund eine bestimmte Farbe, sodass die Bücher optisch aufeinander abgestimmt sind.

Den Anfang der Lesung an diesem Abend machte Ines Gerstmann mit dem Buch „Letterling“ , welches aus vielen kleinen sowie einer großen Geschichte besteht. Hahn Ernst ist hierbei nur eine der vielen Figuren, die in der Geschichte auftauchen, in der es um das Leben, das Sterben, um Tiere und den Garten geht.

Es folgte die Erzählung von Carsten Benecke „Ein leeres Haus“ , die mit den Sätzen beginnt: „Bevor ich beginne Ihnen meine Geschichte zu erzählen, möchte ich etwas klarstellen. Bis zu jenen Tagen im letzten Sommer litt ich nie unter Wahrnehmungsstörungen. […] Ich schreibe dies nicht, um Sie vom Wahrheitsgehalt meiner Geschichte zu überzeugen. Ich weiß ja selbst, dass das Meiste von dem, was ich an jenen Tagen in diesem Haus im Schwarzwald erlebt habe, gar nicht geschehen sein kann.“ In der Erzählung geht es um einen überarbeiteten Ich-Erzähler, der sich zur Erholung in ein Ferienhaus zurückzieht, in welchem sich merkwürdige Dinge ereignen.

Als nächstes las Ingrid Kaech aus ihrem Buch „los-Geschichten“, welches aus vielen Kurzgeschichten besteht, deren Titel alle die Endung -los tragen. So findet man unter anderem die Geschichten „wortlos“, „gedankenlos“ oder „wunschlos“. In Letzterer geht es um eine junge Frau, die sich aufgrund der unbegrenzten Auswahl an Möglichkeiten nicht entscheiden kann – ein Thema, das den Nerv der Zeit trifft und in welches man sich als Zuhörer beziehungsweise Leser augenblicklich hineinversetzen kann.

„Gehirn auf Halbmast“ heißt das Werk von Harry Wagner, welches als Letztes vorgetragen wurde und nicht nur Geschichten, sondern auch Essays und Zeichnungen enthält. „X streichelt das menschenmonster an seiner seite, weil er es liebt. das weiß er so gut wie sicher, aber schlafend ist es ihm lieber.“, so ein Auszug aus dem „Gehirn auf Halbmast“.

Es wird deutlich, wie vielfältig und unterschiedlich die Bücher sind, die im Verlag für Kurzes erschienen sind. Was für Auswahlkriterien die Verlegerin hat, wollte litaffin deshalb wissen: „Neben der Kürze sollen die Erzählungen und Geschichten tiefgründig, intelligent und reflektiert sein“, so Marion Wagner. Zudem sollte es sich bei den Texten um Prosa handeln, keine Lyrik. „Und vor allem keine modernen Lifestyle-Themen“. Gegründet hat sie den Verlag ganz alleine. „Ich bin nicht so ein Teamplayer“, sagt die Verlegerin mit einem so netten Lächeln, dass man sich dies eigentlich kaum vorstellen kann. Der Verlag hatte seinen Standort zunächst in Berlin, ist allerdings mittlerweile in Potsdam ansässig. Die Berliner Energie weiß die Verlegerin aber immer noch zu schätzen. Für sie gehören „Berlin und Potsdam ja auch irgendwie fast zusammen“. In Potsdam gibt es die Bücher mittlerweile in diversen Buchhandlungen, das nächste Ziel sei nun, sie auch in den Berliner Buchläden zu platzieren. Zudem sei geplant, die Bücher in Zukunft auch als eBook zu produzieren.

Mittlerweile bekomme die Verlegerin viele Manuskripte zugeschickt und auch aktuell sind zwei Buchprojekte in Planung. Eines von einem Potsdamer Autor und eines von einer bekannten Krimi-Autorin. Wir dürfen gespannt sein.

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