Welcome to Bavaria. Das Erbe der Biermösl Blosn

Der Anlass der Nachricht ist irgendwie traurig, die Urheber dagegen gehören zum Komischsten, was das deutschsprachige (Musik-)Kabarett zu bieten hat: Die Biermösl Blosn lösen sich auf. Das haben die drei Brüder Hans, Christoph und Michael Well für Anfang 2012 angekündigt. Sie hinterlassen ein gewichtiges Erbe – für Bayern UND Preußen.

bmbild_01Seit 1976 waren die Sprösslinge einer Musikerfamilie aus Günzlhofen bei Fürstenfeldbruck die prominentesten Garanten dafür, die subversive Tradition der Volksmusik gegen deren dümmliche und verdummende Kommerzialisierung („Jodelhorrormonstershow“) zu verteidigen. Ihre Auftritte mit dem großen Gerhard Polt oder den Toten Hosen machten sie auch bundesweit berühmt, ihre bissigen Spitzen vor allem gegen die bayerische Obrigkeit – oder auch die bayerische Selbstüberschätzung (siehe Video „Bayern“ am Ende des Artikels) – sind jedoch schon länger berüchtigt. Legendär wurde dabei das BayWa-Lied, das zu den Klängen der Bayernhymne den Einsatz von umweltschädigender Chemie in der Landwirtschaft kritisiert, für den unter anderem die Münchner BayWA AG verantwortlich zeichnete.

Das war 1982. Der Bayerische Rundfunk, mit dieser Art der Zensur damals weder zum ersten noch zum letzten Mal auffällig geworden, spielte das Lied nicht, das bayerische Kultusministerium ließ noch 16 Jahre später druckfrische Schulbücher einstampfen, in die es der Liedtext geschafft hatte.

Dass die Biermösl Blosn gebraucht wurden, macht allein diese Anekdote deutlich. Sie waren der Anker für alle jene Bayern, die sich von Strauß bis Stoiber schämen mussten, und die ihre Heimatverbundenheit nicht von Volkstümelei und dämlichen Täterätä-Bums-Kapellen vertreten wissen wollten. Für die Auswärtigen waren sie das nötige Korrektiv für deren oft klischeebehaftetes Bild von Bayern. Und für die CSU schließlich waren sie die Fundamentalopposition im Wortsinne, direkt aus der bayerischen Volksseele – wenn es so etwas denn gibt –, die die CSU stets gepachtet zu haben glaubte.

Jetzt ist es geschafft passiert: Die CSU schwächelt, und mit ihr treten nun auch die Biermösl Blosn ab. Doch im Gegensatz zur Partei haben die Well-Brüder ein Werk „hinterlassen“, das man mit Lust und Genuss zur Hand nimmt. Ihre Texte und Programme erscheinen beim dafür gar nicht genug zu lobenden Verlag Kein & Aber aus Zürich, der zum publizistischen Biotop für etliche erstklassige deutsche Kabarettisten, Satiriker und Karikaturisten geworden ist, darunter auch Gerhard Polt sowie beispielsweise Robert Gernhardt oder Greser und Lenz.

Wer also auch in Zukunft die Biermösl Blosn nicht nur in Gedanken, sondern wahrhaftig in seiner Nähe haben möchte, kann sich dafür nun mit einem dieser Bezeichnung alle Ehre machenden Taschenbuch vergnügen. “Welcome to Bavaria. Ein Liederbuch für die Hosentasche“ präsentiert eine Auswahl der wichtigsten Texte und dazugehörigen Noten für unterwegs, eröffnet mit besagtem „Gott mit dir, du Land der BayWa“, gefolgt von 39 weiteren Liedern, die neben dem Nachsingen nicht zuletzt dazu einladen, das eigene Boarisch mal wieder aufzupolieren. Der große Bruder des Hosentaschenbuchs heißt übrigens „Grüss Gott, mein Bayernland“ und beinhaltet praktisch alles, was die Biermösl Blosn bisher verzapft haben. Ob da noch etwas hinzukommt, wird sich zeigen. Ein wenig Zeit haben sie sich ja noch gegeben.

Biermösl Blosn:
Welcome to Bavaria. Ein Liederbuch für die Hosentasche
Kein & Aber, Zürich und Berlin 2011
160 Seiten, 14,90 Euro

Bayern

Bauernregeln

3 Kommentare zu „Welcome to Bavaria. Das Erbe der Biermösl Blosn“

  1. Wea mit di Biermösl Blosn net ganz so fui ofanga ko wie dea Grabowsky Dennis, dem sei gsagt, dass es a nu anners zeug füas bairische herz gibt -- i dadad an blick ins „MUH“ empfehln, des is a neus magazin für kult und kultur und gaudi, da wern guade gschichten verzählt: http://www.muh.by

    :-)

    1. Need ganz mei Humor… Aber i kenn die a kaum, daher gibts vo meiner Seiten aus koa fundierteres Urteil -- des hast du ja scho ganz passabl dargstellt.

      (Übersetzungshilfe: „ganz passabl“ heißt in etwa so viel wie „sehr gut geschriebener Artikel“, auf Hochdeutsch halt)

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