Wer kennt sie nicht, die skurrilen oder einfach nur grauenvollen Titelübertragungen ausländischer, vornehmlich amerikanischer Filme ins Deutsche? Beispiele hierfür, findet ihr hier, hier und hier. Aber nicht nur dem Kinogänger ergeht es so. Auch in der Welt der Bücher darf sich der Leser mit misslungenen Titelübertragungen herumschlagen. Hier eine kleine Auswahl:
John Fantes Roman Ask the dust – wurde vom deutschen Verlag schlichtweg durch Ich – Arturo Bandini ersetzt. Der Umstand allein, dass Charles Bukowski diesen Ausspruch des Öfteren im betrunkenen Zustand deklamierte, hat den Verlag offensichtlich dazu bewegt, ihn zu benutzen. Diese Anekdote ändert aber nichts am Informationsgehalt des deutschen Titels. Er liegt bei 0,0. Auch Fantes nachfolgendes Buch Full of Life wurde ähnlich grob zu Gemischte Gefühle verunstaltet. Warum, fragt man sich da nur. Sollten doch die Titel programmatisch für den Inhalt der Bücher stehen…
The Puppet Masters vom amerikanischen Science-Fiction-Schriftsteller Robert A. Heinlein trägt im Deutschen den seltsamen Titel: Weltraummollusken erobern die Erde. Wahrscheinlich glaubte der Verlag nur mit solch einem ausgefallenen Titel, die Leserschaft zu locken.
In der Sprache der Piraha-Indianer gibt es weder eine Vergangenheits- noch eine Zukunftsform. Zudem kennen jene Ureinwohner Brasiliens keine Zahlen, stellen sie deshalb gleich Das glücklichste Volk der Welt, wie es der deutsche Verlag im Buchtitel behauptet? Wahrscheinlich nicht. Allein den Originaltitel des Buches von Daniel Everett suggeriert etwas anderes: Don’t sleep, There are Snakes. Life and Language in the Amazonian Jungle.
Obskur sind auch Titel, die erst gar nicht ins Deutsche übertragen, sondern lediglich durch ein englisches Wort ersetzt werden. Stephen Kings Lisey´s Story wird in der deutschen Ausgabe kurzerhand zu Love umgetauft. Das verstehe, wer will. Horrorbücher scheinen solch ein Schicksal wohl im Allgemeinen teilen zu dürfen. Jack Ketchums Evil heißt im Original The girl next door – macht Sinn, oder? Mögliche Titel, wie das Nachbarsmädchen oder das Mädchen von nebenan, klingen wohl nicht reißerisch genug…
Natürlich werden diese zum Teil haarsträubenden „Ungerechtigkeiten“ nicht nur hierzulande begangen. Der umgekehrte Fall kommt ebenso vor. Wolfgang Koeppens Eine unglückliche Liebe wurde mit A sad affair übersetzt; nur blöd, dass es in der Geschichte nicht zu einer Affäre kommt. Der Protagonist liebt, ohne dass seine Liebe erwidert wird. Aber das hinderte offensichtlich den amerikanischen Verlag nicht daran, „den Titel zu sexualisieren und damit zu trivialisieren“, wie B. R. Meyers in einem anderen Zusammenhang erwähnt.
Gewiss gibt es auch Fälle, bei denen man es nicht so genau nehmen möchte. Als prominentestes Beispiel ist sicherlich an dieser Stelle Dostojewskij zu nennen. Verbrechen und Strafe mag zwar dem Original eher entsprechen, klingt allerdings weniger anziehend als Schuld und Sühne, geradezu platt und langweilig.
Sicherlich ist der Inhalt wichtiger als die Verpackung, die gelungene Übersetzung wichtiger als der misslungene Titel, trotzdem wünsche ich mir für die Zukunft, dass die Verlage weniger auf die Marketingabteilung hören werden, sondern stattdessen lieber das Buch und seinen Inhalt in den Vordergrund stellen. Ansonsten tragen bald alle Bücher bestimmte Schlagwörter im Titel wie: Verrat, Tod, Angst, Hass, Schicksal… In diesem Sinne: Gott, lass Hirn regnen! Und ihr seid herzlich dazu aufgefordert, die Liste fortzuführen.
Foto: creative commons @ flickr, scabeater
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