Buchempfehlungen zum 2. Advent

Auch zum zweiten Adventssonntag haben wir ein paar kurze Lesetipps und Geschenkideen für euch zusammengestellt.

Advent, Advent, ein Sternchen brennt. © Karolin Kolbe

Melissa empfiehlt Frauen & Macht. Ein Manifest von Mary Beard, erschienen bei S. Fischer in der Übersetzung von Ursula Blank-Sangmeister und Janet Schüffel.

Mary Beard - Frauen & Macht
Mary Beard – Frauen & Macht © Melissa Raddatz

Darum geht’s: Historikerin Mary Beard lehrt Alte Geschichte an der Universität Cambridge und bereichert zudem zeitgenössische Debatten, wobei ihr immer wieder Ablehnung und Ignoranz entgegenschlagen. Aus dieser persönlichen Erfahrung heraus widmet sich Beard im ersten der zwei in diesem Buch enthaltenen Essays dem Ausschluss der weiblichen Stimme aus dem öffentlichen Diskurs. Sie weist lehrreich und zugleich unterhaltsam auf die lange Tradition der unterdrückten weiblichen Beteilung hin und belegt diese mit antiken, aber auch modernen Beispielen der Kulturgeschichte, von Homer bis zu Henry James und Picasso. Der zweite Teil thematisiert passenderweise die Darstellung mächtiger Frauen und attestiert: „Frauen befinden sich außerhalb der Macht, sind sie an der Macht, reißen sie angeblich Schranken nieder, oder aber sie nehmen sich etwas, zu dem sie nicht ganz befugt sind.“ (Frauen & Macht, S. 60) Während Vergleiche der Politikerinnen Merkel, Clinton und May mit der antiken enthaupteten Medusa Beards Thesen bestätigen, hebt die Autorin die Gründerinnen der Black Lives Matter-Bewegung hervor. Sie setzen um, was Beard ihren LeserInnen rät: Etabliertes zu hinterfragen sowie Strukturen und Macht neu zu denken.

Als Geschenk für: Thematische EinsteigerInnen aber auch bereits Feminismus-Interessierte, die mehr über die Ursprünge der Ungleichberechtigung erfahren möchten.

Dazu passt: Ein Museumsbesuch, um die von Beards beschriebenen kulturellen Zeugnisse weiblicher Unterdrückung genauer in den Blick zu nehmen.


Karolin empfiehlt Scherbenpark von Alina Bronsky, erschienen bei Kiepenheuer & Witsch.

Scherbenpark – ein Roman für Jugendliche und Erwachsene © Karolin Kolbe

Darum geht’s: Sascha ist siebzehn Jahre alt und hat zwei Träume: sie möchte ein Buch über ihre Mutter schreiben und sie möchte ihren Stiefvater Vadim töten. Denn Vadim hat ihre Mutter aus Eifersucht umgebracht, seitdem ist Sascha mit ihren kleinen Geschwistern Anton und Alissa allein. Wobei, nicht ganz, eine entfernte Cousine ist aus Russland gekommen, um auf die Kinder aufzupassen, doch Sascha hat in dieser Familie weiterhin das Sagen. Als dann ein rührseeliger Artikel über Vadim in der Zeitung erscheint, macht Sascha sich auf den Weg in die Redaktion, um sich zu beschweren. Hier begegnet sie dem Journalisten Volker. Ein schönes und sogleich kompliziertes Verhältnis zu Volker und seinem Sohn Felix entsteht. Sprachlich beinahe filmisch beschreibt Sascha die Handlung zwischen russischer und deutscher Prägung, Hochbegabung und Geldnot und dem großen Wunsch nach Vergeltung.

Als Geschenk für: Jugendliche, Erwachsene und alle, die sich dazwischen nicht entscheiden können. Ein Buch für fast jedes Alter.

Dazu passt: Eine dicke Decke, unter der man sich ab und zu in Sicherheit bringen kann und die letzten fallenden Blätter des Jahres.


Lena empfiehlt Lvstprinzip von Theresa Lachner, erschienen bei Blumenbar.

„Lvstprinzip“ ist die Empfehlung unserer Autorin Lena, eines der besten Bücher des Jahres! © Lena Stöneberg

Darum geht’s: Frauen scheinen irgendwie immer ›zu‹ oder ›nicht genug‹ irgendwas zu sein, aber wie fühlt man sich genau richtig? In ihrer tagebuchartigen Sammlung von Blogeinträgen schreibt Theresa Lachner über sich. Über ihre Reisen als Bloggerin und Sexjournalistin, über private Erfahrungen mit Sex und Liebe, über Lust, Körperlichkeit, Selbstermächtigung und vor allem über Ehrlichkeit. Denn wenn wir es schaffen würden, sehr viel offener mit diesen Themen umzugehen, könnten wir alle freier, und vielleicht sogar glücklicher sein.

In klugen, saukomischen und beißenden Texten entsteht eine Mischung aus Autobiografie einer modernen Anfang Dreißigerin, Reisebericht und feministischem Pro-Sex-Manifest mit einer Spur Aufklärungsarbeit. Damit trifft sie voll ins Schwarze. Und auch sprachlich bringt sie einen zum Jubeln, Lachen, Kopfschütteln. Die Sexbloggerin liefert eine starke Stimme, die gegen den systematischen Selbsthass von Frauen in einer Welt der Optimierungs- und Verwertungslogik anschreibt, gegen Bodyshaming und über Deutungshoheiten und Machtinstrumente, denn sie hat Sex längst als Politikum erkannt.

Als Geschenk für: Frauen allen Alters! Für alle, die sich mit Themen wie Netz-Feminismus, Schönheitsideale und Geschlechterrollen im unterhaltsamen Stil einer Margarete Stokowski interessieren und für Fans lebendiger, junger Biografien.

Dazu passt: Eine ausführliche, wohlwollende Diskussion mit Freund*innen und Familie – packt die Wahrheit neben die Weihnachtsgans auf den Tisch! Außerdem reichlich Nachtisch, denn ein Käsekuchen ist so viel besser als zwei Kilo weniger und ein anerkennender Blick in den Spiegel!D


Marlene empfiehlt Ensel und Krete von Walter Moers, erschienen im Goldmann Verlag.

Ensel und Krete Cover mit Deko zum Advent

„Ein Märchen aus Zamonien“ erzählt das bekannte Grimmsche Märchen mal ganz anders.
© Marlene Polywka

Darum geht’s: Wer Walter Moers und seine Werke kennt – zum Beispiel Die Stadt der träumenden Bücher oder Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär – der weiß, dass man sie entweder liebt oder hasst. Bei Ensel und Krete verhält sich das nicht anders. Das Märchen „Hänsel und Gretel“ der Brüder Grimm wird, in bester Moerscher Manier, gründlich durcheinander gewirbelt. Aus den beiden wegen der Armut ihrer Familie im Wald zurückgelassenen Geschwistern werden zwei mehr oder weniger reizende Fhernhachen-Kinder, die sich beim Beerenpflücken im Wald verlaufen. Im Bauminger Gruselwald begegnen die beiden dann einem Laubwolf, Elfenwespen, leuchtenden Ameisen, einem Stollentroll und allerlei anderen merkwürdigen Gestalten aus Zamonien, dem bekannten Moers-Universum. Das mit 225 Seiten vergleichsweise kurze Stück des Autors enthält nichtsdestotrotz eine spannende Geschichte, die in ihrer Absurdität für den einen oder anderen Schmunzler sorgen dürfte. Und wer Walter Moers und seine Werke kennt, weiß außerdem, dass vor allem die Sprache mit jeder Menge wunderschöner Bandwurmsätze und hochgradig unterhaltsamen Fußnoten-Ergüssen eine echt Lesefreude ist.

Als Geschenk für: Menschen jeden Alters, die Märchen und vor allem die deutsche Sprache lieben. Für Kinder bedingt geeignet – aber wer die mitunter sehr grausamen Originalmärchen kennt, kann auch die abstrusen Monster aus Baumingen verkraften.

Dazu passt: Eine Schale Himbeeren und ein aromatischer Tee – für die verrückten auch mit Schuss.

Karolin Kolbe
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