Lena Dunham in Berlin

Vergangenen Sonntag beehrte die New Yorker Produzentin, Schauspielerin und Newcomer-Autorin, Lena Dunham, das Publikum des Deutschen Theaters in Berlin. Im Rahmen der Reihe „Im Gespräch mit“ des Zeitmagazins konnte jeder Besitzer eines heißbegehrten Tickets Zeuge des einstündigen Gesprächs zwischen Dunham und Zeitmagazin-Chefredakteur Christoph Amend werden. So viel vorab: die Autorin las keine einzige Zeile aus „Not That Kind Of Girl“ (Anlass der Veranstaltung), dafür gab es viel zu lachen. 

ZEITmagazin im Gespräch mit Lena Dunham

Das Licht geht aus, es wird andächtig still im Saal und da kommt auf einmal – etwas tollpatschig dank Plateausohlen, klein, rundlich und in kurzem Sommerkleid – Lena Dunham auf die Bühne marschiert. Suchend wandert ihr Blick durch das grelle Scheinwerferlicht ins Publikum bis sie etwas zu erkennen scheint und demonstrativ die Zunge rausstreckt.

Das Publikum ist entzückt. Der zuvor sehr professionell anmoderierende Christoph Amend scheint nach einer überschwänglichen Begrüßung samt Handkuss von Lena Dunham kurz ein wenig verlegen, fängt sich zum Glück jedoch wieder und steigt in ein lockeres Gespräch über Dunhams Celebrity-Hund und ihre Eltern ein. Für die US-Künstlerin sind  private Fragen kein Problem, denn sowohl in der Serie „Girls“ als auch in ihrer Autobiographie „Not That Kind Of Girl“ wird so ziemlich alles aus dem realen Leben  der 28-jährigen preisgegeben, vom Diätplan bis zur peinlichsten Sexszene. Wie praktisch, dass somit jede Frage, die sich ihrer Arbeit widmet gleichzeitig auch immer ein paar intime Geständnisse entlockt. Wobei man sich fragen könnte, ob es eigentlich etwas gibt, das man noch nicht über Lena Dunham weiß.

Die Kunst der Imperfektion

Lena Dunham ist bei allem was sie tut für ihre Schonungslosigkeit bekannt. Nichts wird beschönigt, nichts wird verschwiegen – gerade das, was nicht perfekt ist, steht immer im Fokus. Mit ein zwei Kilos zu viel auf der Waage, dem permanenten Bedürfnis über sich selbst zu sprechen (egal ob mit der besten Freundin oder der ganzen Welt) und der Thematisierung ihrer Zwangsneurosen, ist sie der wohl menschlichste Star, den man sich vorstellen kann.

„My name is Lena, I´m from New York City, I´m a feminist and I love snacks!“

So vieles von dem, was sie an diesem Abend mit ihrer lauten Stimme und nicht wenig Selbstironie erzählt, kommt mir bekannt vor. Die Leute von denen sie erzählt, erinnern mich an Karikaturen von Personen, denen ich auch schon einmal begegnet bin und so wird es auch den meisten anderen Anwesenden im Publikum gehen, die wissend grinsen als Dunham vom „platonic bedsharing“ erzählt (wenn man sich regelmäßig mit einem Typen das Bett teilt, ohne mit ihm zu schlafen, damit man sich nicht einsam fühlt). Zudem sieht jede der hier anwesenden Damen so aus, als könnte sie eine Rolle in „Girls“ spielen. Wo liegt demnach der große Unterschied zwischen der Frau auf der Bühne und denen, die wie gebannt an ihren Lippen hängen?

ZEITmagazin im Gespräch mit Lena Dunham
Lena Dunham im Gespräch mit Christoph Amend. ©Phil Dera / ZEITmagazin.

Um ehrlich zu sein, ich denke da gibt es keinen großen Unterschied. Das Buch liest sich ähnlich wie das Tagebuch meiner großen Schwester: sehr amüsant aber rhetorisch nicht herausragend. Und auch die Frage nach ihrer politischen Positionierung als Feministin beantwortet Dunham kurz und knapp mit der Erklärung: „I´m not a politician.“ (Obama findet sie übrigens „hot“). Doch ich möchte mich keineswegs der Seite der „Dunham Haters“ (von denen gibt es auch nicht gerade wenig) anschließen. Denn auch wenn diese Veranstaltung ein wenig an ein großes Massen-Fan-Event erinnert, bei dem das Buch nur zu Deko auf dem Tisch neben der Autorin liegt und keine Zeit für Fragen aus dem Publikum bleibt, denke ich dass Lena Dunham hinter den vielen Worten und Glucksern, die aus ihrem Mund kommen, etwas Wichtiges zu sagen hat.

Eine Stimme einer Generation

Im Gegensatz zu der von ihr dargestellten Girls-Protagonistin Hannah, die so vieles will, aber immer wieder an ihrer eigenen Blockaden scheitert, hat Lena Dunham einen Weg gefunden, große Aufmerksamkeit auf die Dinge zu richten, die in der Gesellschaft untergehen oder völlig tabuisiert werden. Natürlich erzählt sie uns in ihrem Buch nichts dermaßen außergewöhnliches, doch dass sie es überhaupt tut, macht es zu einer Sensation. In „Girls“ ist die Rede davon, dass Hannah nicht DIE Stimme ihrer Generation sein möchte, sondern einfach EINE Stimme einer Generation. Lena Dunham selbst ist dies mit großem Erfolg gelungen. Es sei ihr wichtiger ihre Erfahrungen (so intim diese auch sind) mit der Öffentlichkeit zu teilen, anstatt sich selber zu schützen. Indem sie dies tut verleiht sie der Generation vieler  junger Frauen (und bestimmt auch vieler Männer!) Mitte 20 eine Stimme und macht als unsere stellvertretende beste Freundin jene Themen öffentlich, die uns heimlich in den Wahnsinn treiben. Also danke liebe Lena.

Zwar kam es an diesem Abend zu keiner Diskussion der wirklich interessanten Stellen in „Not That Kind of Girl“ (Ich sage nur: Kondom in der Zimmerpalme alias die Vergewaltigung), da Christoph Amend lieber seine „Lieblingsstellen“ aus dem Buch zitiert hat, jedoch nehme ich doch ein paar neue Gedanken mit auf den Weg, als ich den prunkvollen Theatersaal verlasse:

  1. Du kannst Feministin sein und gleichzeitig eine Diät machen.
  2. Sharing ist wirklich Caring.
  3. Es ist egal was du machst, Hauptsache du machst es auch wirklich.
  4. Die neue Staffel von Girls (in Deutschland ab April 2015) ist die beste von allen.

Und hier geht es zu unserer litaffin-Rezension von „Not That Kind Of Girl“.

Marie Krutmann
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